Gesund & Leben - Juli & August 2024

46 HERZCHIRURGIE den 50er und 60er Jahren gab es eineMortalität von bis zu 70 Prozent. Nun liegt die Sterblichkeit bei einem bis zwei Prozent“, erzählt Primarius Wiedemann. Der gebürtige Tiroler ist seit Anfang des Jahres der neue Leiter der Abteilung für Herzchirurgie im Uniklinikum St. Pölten. Zuvor war der 41-Jährige an der Universitätsklinik für Herzchirurgie am Wiener AKH tätig, wo er unter anderem als Leiter der Kinderherzchirurgie fungierte. An seinem neuen beruflichen Standort in St. Pölten wird ein breites Spektrum an herzchirurgischen Therapien angeboten. Der Schwerpunkt liegt insbesondere auf drei großen Bereichen: Bei koronaren Herzerkrankungen werden Aortokoronare-Bypassoperationen durchgeführt. Diese Eingriffe sind die häufigsten herzchirurgischen Operationen. Gerade da diese Eingriffe sehr viele Patientinnen und Patienten betreffen, ist es Prof. Wiedemann wichtig, hier höchste Qualitätsstandards zu erfüllen. Der Fokus in St. Pölten liegt darauf, arterielle Bypass-Gefäße zu verwenden. UmdenPatientinnenundPatienten optimale Haltbarkeit der Bypässe anzubieten und damit idealerweise keine erneuten Eingriffe im weiteren Leben notwendig zu machen. Den zweiten großen Teil an Erkrankungen bilden die Klappenerkrankungen. In St. Pölten wird der Fokus auf rekonstruktive, also klappenerhaltende Techniken gelegt. Wenn ein Klappenersatz nötig ist, kommen meist biologische oder mechanische Prothesen zum Einsatz. Biologische Klappen werden mit der Zeit abgebaut und daher vor allem bei älteren Patientinnen und Patienten eingesetzt. Mechanische Klappen benötigen lebenslang eine Blutverdünnung. Bei jüngeren Patientinnen und Patienten kommt an der Abteilung bereits seit 20 Jahren eine besonders innovative Behandlungsmethode zum Einsatz: die sogenannte Ross-Operation, benannt nach einem britischen Thoraxchirurgen. Dabei wird die körpereigene Lungenschlagaderklappe ausgebaut und in Position der Aorta eingebaut. Die fehlende Lungenschlagaderklappe wird durch eine Spenderklappe ersetzt. Diese Methode ist lange haltbar und die Patientinnen und Patienten benötigen keine Blutverdünner. Seit Anfang des Jahres gibt es nun die „root-reinforced“-Variante, eine wurzelverstärkte Version der Ross-Operation, bei der die neue Aortenwurzel von außenmit einer Gefäßprothese ummantelt wird. Dadurch wird unter anderem verhindert, dass die neue Klappe undicht wird. Seither wurden fünf Patientinnen und Patienten mit dieser innovativen Methode behandelt. Ein weiterer Bereich der Herzchirurgie ist die Aneurysma-Chirurgie. Hier kommt es zu geplanten Eingriffen genauso wie zu Notfällen. „Wenn die Hauptschlagader einreißt, spricht man von einer sogenannten Aortendissektion. FOTOS: DANIELA FÜHRER Herzchirurgie in St. Pölten Die Abteilung für Herzchirurgie im Universitätsklinikum St. Pölten gehört mit jährlich bis zu 900 Operationen am offenen Herzen zu den größten Erwachsenen-Herzchirurgien Österreichs. Jede Chirurgin und jeder Chirurg der Abteilung operiert zirka 100 Patientinnen und Patienten pro Jahr, hinzu kommen noch über 100 Assistenzen, da jede Herzoperation von zwei Oberärztinnen und -ärzten durchgeführt wird. Um die beste Versorgung gewährleisten zu können, operiert die Abteilung als einzige Herzchirurgie Österreichs routinemäßig auch an Wochenenden und Feiertagen. Damit steht sie für Patientinnen und Patienten und medizinische Partner an 365 Tagen im Jahr und rund um die Uhr zur Verfügung. In solchen Fällen geht es um Leben und Tod und wir müssen besonders schnell reagieren“, sagt der Primar. Auch Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern werden an der Herzchirurgie St. Pölten vermehrt behandelt. Gerade dieses komplexe Krankengut stellt eine immer größer werdende Herausforderung dar. Hier ist die besondere Expertise von Dominik Wiedemann als Kinderherzchirurg ein zusätzlicher Gewinn für die Abteilung. INDIVIDUELLE THERAPIE Bei jeder Operation herrscht eine gewisse Grundanspannung bei Dominik Wiedemann und seiDie Diplomkardiotechnikerin Ramona Beer überwacht die Funktion der HerzLungen-Maschine (links oben). Für die OP wird viel Equipment benötigt.

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